Das Ergebnis der französischen Revolution 1789 und dem anschließenden Feldzug Frankreichs gegen die Rheinbundstaaten war die Gründung der französischen Republik im Jahre 1792. Das linksrheinische Territorium unterstand der Verwaltung Frankreichs. Die regionale Justizverwaltung unterstand dem Präfekten der Departments, das von Trier aus regiert wurde.

Im Stadtarchiv von Bitburg wurde die folgende Urkunde gefunden:

Aus diesem Schreiben des kaiserlichen Staatsanwalts Boemer vom 29. Nivage des Jahres 13 der Republik - also vom 20. Januar 1805 - ist die Mitteilung an den Departmentpräfekt, dass aufgrund vorheriger Weisung ein Gericht erster Instanz für die kommunale Verwaltungseinheit von Bitburg im Department "Des Forets" eingerichtet wurde. Das ist der erste Nachweis eines französischen Friedensgerichtes in Bitburg. Dieses residierte vermutlich in einem Anwesen in der Nähe des heutigen Postplatzes, wo auch noch bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts ein Gefängnisgebäude war. Das Haus ist nicht mehr vorhanden bzw. überbaut. Nähere Einzelheiten sind nicht mehr festzustellen. Über die Tätigkeit des damaligen Gerichts erster Instanz in Bitburg gibt es einen Nachweis in Form eines Urteils vom 11. November 1806:

In der heute noch üblichen Urteilsform wurden damals 5 Angeklagte wegen eines Militärvergehens (Desertion) zu kräftigen Geldstrafen verurteilt. Die Urteilsausführungen be­fassen sich in typischer Weise weniger mit den Feststel­lungen zum Tathergang als vielmehr mit den Förmlichkeiten der Verhandlung.

Es enthält den Antrag des Staatsanwaltes die gesetzlichen Vorschriften, gegen die verstoßen sein sollte, sowie die ausführliche Schilderung der persönlichen Verhältnisse der Angeklagten und die mehrmalige Wie­derholung der ausgeworfenen Strafen. Fest steht danach auch, dass wohl der erste Leiter des französischen Friedensgerichtes der Präsident Ensch war. Das Strafgericht hat in der heute auch noch typischen Besetzung mit drei Berufsrichtern, der Präsident und die weiteren Richter Vondeur und Gerardy, stattgefunden. Der Urkundsbeamter der Geschäftsstelle bzw. Protokollführer hieß Grand. Die Gerichtskosten betrugen 5,50 Franc.

Über die weitere Tätigkeit des französischen Friedensgerichts ist wenig überliefert. Man darf annehmen, dass es ein französisches Gericht erster Instanz war und sich mit Strafsachen geringeren Umfangs und Zivilsachen beschäftigt hat. Nachdem 1816 infolge des Wiener Friedens die linksrheinischen Gebiete, also auch Bitburg, zur preußischen Rheinprovinz wurden, bestand das Gericht als preußisches Friedensgericht fort und übernahm 1820 das sogenannte "Stadthaus", das mit dem heutigen Rathaus identisch ist. Dort sollte es bis zum Jahre 1937 bleiben. Da jedoch das Gericht mehr und mehr einen erheblichen Platzbedarf aufwies und ein sogenanntes "Cantongefängnis" angebaut werden sollte, entstand ab dem Jahre 1844 ein erheblicher Streit zwischen der Stadt Bitburg und dem preußischen Fiskus  über die Übernahme der Kosten für eine Erweiterung. Während der Minister des Inneren darauf beharrte, dass die Stadt Bitburg verpflichtet sei, den Gerichtsbehörden städtische Gebäude und Räume zur Benutzung zu überlassen, die sie benötigte, und die Kosten dafür tragen solle, beharrte die Stadt Bitburg darauf, dass Kosten für Gefängnis- und Gerichtsbau Sache des preußischen Fiskus sei. Dabei ging es im engeren Sinne darum, dass in dem Gebäude des preußischen Friedensgerichtes teilweise noch Räume waren, die durch die Stadt genutzt wurden. Auf diese Räume war das Gericht angewiesen, so dass die Stadt Bitburg eine Ausweichmöglichkeit errichten musste. Die Kosten dafür wollte sie aber nicht übernehmen. Da eine Verlegung des Gerichts als Lösungsmöglichkeit dieses Konfliktes nicht in Betracht kam, empfahl die königliche Regierung in Trier die Beschreitung des Rechtsweges. Dabei war beabsichtigt, im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens eine Einigung darüber zu erzielen, dass ein neues Friedensgericht mit einem neuen Gefängnis an anderer Stelle gebaut werden sollte und dass die Räume des Friedensgerichtes (jetziges Rathaus) Schulungsräume werden könnten. Nach Genehmigung der Klageerhebung durch die Regierung in Trier ging die Sache durch die Instanzen. Der Rechtsstreit der Stadt Bitburg gegen den Fiskus wurde zunächst durch Urteil des königlichen Landgerichts in Trier vom 26.03.1849 und anschießend durch Urteil des Appellationsgerichts Köln vom 18.12.1850 dahingehend entschieden, dass alle Kosten und Lasten der Gerichtsbarkeit, also auch die Errichtung und der Unterhalt von Gerichtsgebäuden in der Rheinprovinz ausschließlich aus den allgemeinen Staatsabgaben getragen werden müsste. Der Streitgegenstand war daher gegen den Fiskus aus prinzipiellen Erwägungen zu Gunsten der Stadt Bitburg entschieden.

Das führte in der Folge dazu, dass das preußische Friedensgericht in den Räumen der jetzigen Stadtverwaltung blieb und ein Turm angebaut wurde, der das Cantonsgefängnis darstellte.

Durch Verordnung des Königs Wilhelm von Preußen vom 26.07.1878 wurde eine neue Gerichtsordnung dergestalt geschaffen, dass das Preußische Friedensgericht in Bitburg wie auch in anderen vergleichbaren Orten gleicher Größe ein Preußisches Amtsgericht wurde. Die Bezeichnung Amtsgericht ist bis heute erhalten. Ende des 19. Jahrhunderts ergaben sich erstmals größere Schwierigkeiten hinsichtlich der Räumlichkeiten und der Bausubstanz des durch das Amtsgericht benutzten Gebäudes. Aus den Generalakten des Amtsgerichts Bitburg ist heute noch herauszulesen, dass in regelmäßigen Abständen Beschwerdebriefe der jeweiligen aufsichtsführenden Richter mit der Folge von Besuchen höherer Justizbeamter, vornehmlich des

"Herrn Vorstandsbeamten des königlichen Landgerichts in Trier" verfasst wurden.

Besonders hervorzuheben ist ein Bericht vom 21.06.1905, der im Original erhalten ist. Hier wird die Unterbringung der Richter und der übrigen Beamten und Angestellten des Preußischen Amtsgerichts in Bitburg wie folgt beschrieben:

"Die Geschäftsräume des Amtsgerichts Bitburg sind in baulicher, räumlicher und gesundheitlicher Beziehung nicht den Anforderungen entsprechend. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die schmalen, die einzelnen Stockwerke verbindenden Holztreppen bei ausbrechendem Feuer eine große Gefahr für das ganze Gebäude bedeuten, indem sie das Feuer leicht von einem Stockwerk in das andere übertragen und auch etwaige Rettungsarbeiten aus den einzelnen Stockwerken sehr erschweren, wenn nicht unmöglich machen.

Das ganze Gebäude ist in baulich schlechtem Zustand und erfordert fortwährend viele Ausbesserungen. Türen und Fenster haben mangelhaften Verschluss. Trotz der angebrachten Doppelfenster macht sich bei windigem Wetter, besonders in den nach Norden gelegenen Diensträumen, eine äußerst empfindliche Zugluft bemerkbar. Gerade diese Räume sind auch infolge der unzweckmäßigen Kaminanlage häufig derart mit Kohlenrauch angefüllt, dass ein Aufenthalt dort selbst unmöglich ist. Infolge der geringen Zimmerhöhe herrscht in den vielfach sehr beschränkten Räumen im Winter eine dumpfe und ungesunde Luft. Dieser Übelstand macht sich am meisten im Sitzungssaale geltend. Wiederholt haben schon die Schöffen darüber geklagt, dass sie sich durch die Teilnahme an Sitzungen Unpässlichkeiten, insbesondere Erkältungen zugezogen hätten und nur aus besonderen Rücksichten von weitergehenden schriftlichen Beschwerden Abstand genommen worden sei.

Tatsächlich ist aber auch die Luft in dem Sitzungssaal derartig verbraucht und schlecht, dass zur Winterzeit namentlich eine ununterbrochene Erledigung der Dienstgeschäfte nicht möglich ist und dass infolge dessen jedesmal längere Pausen zur Lüftung des Saales gemacht werden müssen. Eine Lüftung während der Sitzung ist wegen der entstehenden Zugluft nicht möglich.

Auf einen baulichen Mangel ist ferner zurückzuführen, dass die im Erdgeschoss befindlichen Diensträume derart fußkalt sind, dass hier der Aufenthalt im Herbst und Winter nur unter Benutzung eines Fußsackes möglich ist. Wiewohl Türen und Fenster nach Möglichkeit dicht gemacht sind, ist über den Fußboden stets eine feine aber intensive Zugluft vorhanden, die nicht zum ersten Male rheumatische Beschwerden und Erkältungen bei den Beamten hervorgerufen hat.

Als weiterer Missstand ist hervorzuheben, dass der Hof zu klein ist und für die Unterbringung des erforderlichen Kohlenvorrates nicht ausreicht. Eine Bedürfnisanstalt für die Rechtssuchenden ist nicht vorhanden. Was nun die Diensträume im allgemeinen anbelangt, so machen sie durchgehend einen unwürdigen Eindruck. Dies gilt besonders für den Sitzungssaal und das im zweiten Stockwerk befindliche Richterzimmer. Macht an und für sich schon der Zugang zu diesem Richterzimmer keine würdigen Eindruck, so muss es geradezu als ein arger Missstand bezeichnet werden, dass den Gerichtseingesessenen der unbeschränkte Zutritt in ein Gelass offensteht, in dem über 12000 Grundakten aufbewahrt werden, für deren Sicherheit kaum die primitivsten Maßnahmen getroffen sind. Der aber das Klopfen oder Hereintreten der Leute im Richterzimmer sehr leicht überhört werden kann, so ist es unausbleiblich, dass in dem Grundaktenraum Leute herumstehen und sich längere Zeit aufhalten. Da indes dem Richter ein anderes Zimmer nicht zur Verfügung gestellt werden kann, kann dem Übel nicht abgeholfen werden.

Der erste Kanzleigehilfe ist auf der Gerichtsschreiberei für Strafsachen zusammen mit dem Gerichtsschreiber untergebracht. Auch er wird durch den Zuspruch der Rechtssuchenden vielfach in seinen Arbeiten gestört. Es muss daneben aber auch als nicht angängig bezeichnet werden, dass die Rechtssuchenden gezwungen sind, ihre oft diskreten Anliegen in Gegenwart einer weiteren Person vorbringen zu müssen. Als geradezu gesundheitsgefährdend muss der Aufenthalt des Gerichtsschreiberbeamten in dem im ersten Stockwerk gelegenen Aktenraum bezeichnet werden, in dem über 17000 staubfangende Grundakten aufbewahrt werden. Die Zahl der Grundakten vermehrt sich pro Jahr um mindestens 800 Stück.. Für die wegzulegenden allgemeinen Akten ist überhaupt kein Raum vorhanden. Sie sind notdürftig in einem Zimmer untergebracht, das zur Dienstwohnung des Gerichtsdieners gehört und von diesem aus Gefälligkeit unentgeltlich dem Gericht überlassen ist. Die Referendare müssen auf dem räumlich sehr beschränkten Richterzimmer arbeiten.

Aus diesen Aufstellungen ergibt sich, dass schon jetzt die vorhandenen Räume den bescheidensten Anforderungen nicht mehr genügen und dass auch selbst durch Umbau des jetzigen Gebäudes kaum Abhilfe zu schaffen ist. Ferner ergeben die Aufstellungen, dass in nächster Zeit, spätestens aber bis zum 01. Mai 1909, folgende Räume unbedingt erforderlich sind: nämlich ein größeres Grundbuchgewölbe und ein drittes Gelass zur Unterbringung der Grundakten.. Es ist deshalb dringend geboten, das neue Amtsgerichtsgebäude zum 01. Mai 1909 fertigzustellen. Was das Raumprogramm für das Jahr 1920 angelangt, so können hier unbedingt sichere Aufstellungen nicht gemacht werden. Die hier zu stellenden Forderungen beruhen auf mutmaßlicher Schätzung, jedoch dürften folgende Gesichtspunkte von Belang sein:

Wie sich aus den Geschäftsübersichten ergibt, haben die Geschäfte beim hiesigen Amtsgericht in den letzten 10 Jahren ständig zugenommen. Bei dem hier herrschenden regen Güterwechsel besonders auch mit Rücksicht darauf, dass dem­nächst die Grundstücke der sehr großen Gemeinde Holsthum unter Grundbuchrecht kommen, ist zunächst eine Zunahme der Grundbuchgeschäfte zu erwarten.

Die Strafsachen haben in den letzten Jahren eine erhebliche Steigerung erfahren. Sie werden bedeutend zunehmen, sobald die Zuständigkeit der Schöffengerichte erweitert wird. Auch für Zivilsachen ist eine Erweiterung der sachlichen Zuständigkeit der Amtsgerichte innerhalb der nächsten 10 Jahre wohl zu erwarten. Die Geschäfte dürften sich aber auch wohl um das Doppelte vermehren, wenn Ansprüche bis zu 500 Mark den Amtsge­richten zugewiesen werden. Ebenso werden die Vormundschafts- und Fürsorgesachen eine Zunahme erfahren. Von ganz erheblichem Einfluss auf den Umfang der Dienstgeschäfte wird aber auch der Umstand sein, dass mit Bestimmtheit innerhalb der nächsten 10 Jahre in Anschluss an die im Bau begriffene strategische Bahn Elsenborn - Prüm - Neuerburg - Igel von der Station Erdorf aus über Bitburg nach dem im südwestlichen Teile des Amtsgerichtsbezirks Bitburg gelegenen Irrel gebaut wird. Diese Bahn schließt gerade den wohlhabendsten Teil des Bezirkes auf. Sie wird zur Folge haben, dass der Geschäftsverkehr sich fast ausschließlich Bitburg zuwenden wird. Diese Bahn wird die Entfaltung weiterer gewerblicher Unternehmungen, besonders auch die Ausbeutung reicher Sandsteinlager in Folge haben...

Unter Beachtung aller dieser Verhältnisse insbesondere mit Rücksicht auf die in Aussicht stehende erhebliche Zunahme der Straf-, Zivil- und Grundbuchsachen glaube ich wohl annehmen zu dürfen, dass im Jahre 1920 mindestens 6 Richter erforderlich sind. Da man in der Regel zwei Gerichtsschreiberbeamte auf einen Richter rechnet, so dürften 12 Gerichtsschreiberbeamte in Aussicht zu nehmen sein. Außerdem für diese 18 Beamte zu schaffenden Räume sind erforderlich: ein Raum für Referendare, die Räume für mindestens 3 Kanzleigehilfen,  ein Zimmer für 2 Gerichtsdiener, ein Sitzungssaal, ein Wartezimmer, die nötigen Gelasse für mindestens 40000 Grundakten, ein ausreichend großes Grundbuchgewölbe, ein Raum für die Kasse und die Testamente, ein Raum für wegzulegende Akten, ein Raum für Asservate, ein Raum für die Unterbringung der bei den hiesigen Notaren beruhenden Akten, die erforderliche Wohnung für den Gerichtsdiener und eventuell für eine richterliche Dienstwohnung. Da hier wie bereits erwähnt ein großer Wohnungsmangel herrscht, in dem alle zur Verfügung stehenden Wohnungen bereis an Schüler der hiesigen Landwirtschaftsschule vermietet sind, so hält es besonders schwer, eine geeignete Familienwohnung zu bekommen. Die vorhandenen Wohnungen lassen zudem viel zu wünschen übrig. Zur Zeit würde ein dritter verheirateter Amtsrichter überhaupt keine Familienwohnung mehr erhalten können. Es wäre daher sehr wünschenswert, wenn eine Dienstwohnung für einen verheirateten Amtsrichter geschaffen würde."

Aufgrund dieses "Mängelberichtes" wurde nunmehr ernsthaft in Justizkreisen aber auch in Kreisen der Bitburger Stadtverwaltung überlegt, wo denn ein neues Amtsgerichtsgebäude errichtet werden könnte. Unter Beteiligung des aufsichtsführenden Richters wurden nunmehr einige Jahre lang in rascher Folge zahllose Grundstücke in Bitburg angeboten, besichtigt, für gut geheißen und für geeignet oder ungeeignet gehalten mit der Folge, dass zunächst im Hinblick auf den Erwerb eines Grundstückes für die Errichtung des neuen Amtsgerichtsgebäudes nichts geschah. Es tat sich jedoch etwas in der Kommunalpolitik der Stadt Bitburg. Es wurde jahrelang darüber gestritten, ob das neu zu errichtende Amtsgerichtsgebäude im Zentrum der Stadt, im Süden der Stadt oder im Norden der Stadt liegen sollte. Es wurde auf das heftigste gekämpft und es wurden sogar Bürgerinitiativen gebildet, die Bittschriften an die zuständigen Stellen richteten. Am 4. November 1910 richtete die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Bitburg an den Regierungs-präsidenten, den Landgerichtspräsidenten, den Oberlandesgerichtspräsidenten, den Oberpräsidenten und den Justizminister in Berlin zum Beispiel folgenden Appell:

Vorausgegangen war eine Entschließung der Stadtverordnetenversammlung vom 22.04.1910.

Eine "Bittschrift" vom 17.04.1914 und von ca. 500 Bitburger Bürgern aller Stände unterzeichnet hat das gleiche Problem zum Thema:

Letztlich tat sich jedoch dazu wiederum nichts. Erst in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde ernsthaft über einen Neubau des Amtsgerichtsgebäudes nachgedacht, was zu dem Ergebnis führte, dass 1937 ein neues Gebäude am jetzigen Standort errichtet wurde.

Der Neubau des Amtsgerichts Bitburg wurde am 14. Dezember 1937 seiner Bestimmung übergeben. Nach einer Zeitungsnotiz über die Indienststellung des Justizgebäudes Bitburg tat sich dabei folgendes:

"Ein schönes Bild der Kameradschaft verschiedener Berufsgruppen bot sich, als um 11:30 Uhr die Spitzen der zahlreichen, in der Kreisstadt beheimateten Stellen der Partei und Behörden sich mit einer großen Zahl von geladenen Gä­sten zum Ehrentag ihrer Kameraden von der Justiz vor dem Neubau versammelten. Nach einer kurzen Ansprache des örtlichen Bauleiters, Regierungsbauassessor Dr. Eilmann, überreichte nach alter deutscher Sitte Maurermeister Nikolaus Garcon mit einem kernigen Handwerkspruch dem aufsichtsführenden Richter Amtsgerichtsrat Kiebel, den Schlüssel. Hieran schloss sich im Sitzungssaale die Einweihungsfeier an. Worte der Einführung sprach Amtsgerichtsrat Kiebel, der die Gäste und Behördenvertreter willkommen hieß und damit den Dank an alle Stellen, die sich für die Förderung des Baus eingesetzt haben, insbesondere der Justizverwaltung und den früheren Kreisleiter Diedenhofen, verband. Der Leiter des staatlichen Hochbauamtes Kyllburg, Regierungsbauassessor Straube gab einen Überblick über die Geschichte des Neubaus und legte dar, dass das Gebäude, das insgesamt einen Kostenaufwand von 186000 Reichsmark gefordert habe, sich als ein echtes Kind der Heimat erweise, da es von ortsansässigen Handwerkern in allen wesentlichen Teilen aus heimischen Baustoffen errichtet worden sei. Landgerichtspräsident Weck überbrachte die Grüße des im letzten Augenblick am Erscheinen verhinderten Oberlandesgerichtspräsidenten Dr. Bergmann und hob hervor, in welchem Maße der nationalsozialistische Grundsatz "Schönheit der Arbeit" in den weiten, lichten Räumen des Amtsgerichts verwirklicht sei. Er knüpfte daran die Mahnung an die Beamten und Angestellten, diese Fürsorge ihrer Verwaltung durch Treue, von nationalsozialistischer Rechtsauffassung getragenen Berufsarbeit zu vergelten. Der frühere Kreisleiter betonte, dass er der von Gemeinsinn durchglühten, nationalsozialistischen Bewegung vorbehalten gewesen sei, den seit Jahrzehnten in Planung stecken gebliebenen Neubau endlich zu verwirklichen. Sein Nachfolger, Kreisleiter Jakobs, bezeichnete es als eine Aufgabe der Zukunft, durch eine lebensechte, nationalsozialistische Rechtsprechung die Ziele der Partei auf dem Teilgebiet der Justiz zur Geltung zu bringen. Die Feier fand ihren Abschluss durch ein vom Landgerichtspräsidenten ausgebrachtes "Sieg heil" auf den Führer, an das sich die von der SA-Kapelle intonierte Nationalhymne anschloß. Alsdann vereinigte ein gemeinsames Mittagessen die Gäste in der Gefolgschaft des Amtsgerichts und den am Bau beteiligt gewesenen Handwerkern im "Eifelbräu". In dem anschließenden gemütlichen Beisammensein bot sich noch reiche Gelegenheit, die Verdienste des Justizrats Wolff, der bereits vor Jahrzehnten die Durchführung des damals an parlamentarischen Quertreibereien gescheiterten Neubaus in Angriff genommen hatte und des geschäftsleitenden Justizinspektors Ferber, der insbesondere die mühselige Kleinarbeit pflichtgetreu geleistet hat, ehrend zu gedenken."

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Amtsgerichtsgebäude schwer beschädigt. Bei einem Bombenangriff Anfang Januar 1945 wurden der südliche Teil des Gebäudes sowie sämtliche Fenster und das Dach zerstört. Vor und hinter dem Gebäude befanden sich große Bombentrichter. Mit dem Wiederaufbau wurde unter schwierigen Bedingungen im Juli 1945 begonnen. Am 13. Juli 1946 berichtete der aufsichtsführende Richter an den Präsidenten des Landgerichts Trier folgendes:

"Für die Instandsetzung des Amtsgerichtsgebäudes haben die Besatzungsbehörden 40000 in der Kaserne lagernde Ziegelsteine freigegeben. Ebenso sind 60 Sack Kalk und 60 Sack Zement vom Kreisbauamt zugewiesen. Die Arbeiten zur Reparatur des Daches mittels Dachpappe gehen heute zu Ende. Die Firma Pohren, welcher die Maurerarbeiten übertragen worden sind, wird voraussichtlich nächste Woche mit den Wiederaufbauarbeiten an den Außenmauern beginnen, 6 Arbeiter dieser Firma sind zu diesem Zwecke dienstverpflichtet worden."

Erst nach der Währungsreform im Juni 1948 konnte der bis dahin schleppende Wiederaufbau zügig vorangetrieben werden. Er war im Juni 1949 vollendet.

Am 31. Dezember 1966 wurde das Amtsgericht Neuerburg aufgelöst und sein Bezirk dem Amtsgericht Bitburg zugeschlagen. Dadurch nahm die Personalstärke um 6 Bedienstete zu. Es mussten einige tausend Akten insbesondere Grundbuchbände von mehr als 80 Ortsgemeinden untergebracht werden. Dadurch waren die räumlichen Verhältnisse so beengt, dass auch der Ausbau von vier Mansarden zu Diensträumen sowie die Verwendung der Dienstwohnung als Kanzleiräume beschlossen wurde.

Im Jahre 1971 begannen dann Überlegungen für einen Erweiterungsbau. Ein entsprechender Auftrag wurde dem staatlichen Hochbauamt am 15. Oktober 1971 erteilt. Der Auftrag wurde später modifiziert, weil auch in einen Ausbau des Amtsgerichtsgebäude das Katasteramt Bitburg, das ebenfalls unter Raumnot litt, untergebracht werden sollte. Mit dem Erweiterungsbau wurde am 04.08.1975 begonnen. Nach Beendigung dieser Arbeiten erfolgte der Umbau und die Renovierung des Altbaus. Alle Arbeiten waren am 12.05.1978 vollendet, so dass am 09.06.1978 die Indienststellung des Behördenhauses durch den damaligen Minister der Justiz Dr. Otto Theisen erfolgte.

Es ist überliefert, dass ein Wachtmeister der Justizbehörden in Trier das Amtsgericht wegen des Erweiterungsbaus als "erweitertes Schöffengericht" bezeichnet hat.

Das Erscheinungsbild aus dem Jahre 1978 hat das Amtsgerichtsgebäude heute noch. Die Prophezeiung des Landgerichtspräsidenten aus dem Jahre 1905 hatte sich ein Jahrhundert später 2005 inzwischen erfüllt: das Amtsgericht Bitburg hat 6 Richterstellen. Daneben arbeiten in der Behörde zur Zeit 10 Rechtspfleger, 14 Beamte des mittleren Dienstes, 3 Wachtmeister und 8 Angestelle.

Seit einigen Jahren ist die Behörde mit moderner Bürotechnik versehen. Das Amtsgericht hat sich seit 1987 mehr und mehr der Öffentlichkeitsarbeit gewidmet und tritt regelmäßig durch Kunstausstellungen und kleinere Konzerte hervor.

Hatte die französische Justizverwaltung auf allen ihren amtlichen Schreiben das Zitat von Plutarque:

   "La Loi est la Reine des Mortels et des Immortels"

sowie von Salluste

   "Tout prospère à force de veiller, d'agir et de
     bien conseiller"

sich zur Überschrift gewählt, so könnte mit einem überlieferten Gleichnis des chinesischen Philosophen Confuzius geschlossen werden:

Gefragt, was er in einem Staate ändern wolle, wenn er regieren könne, antwortete der Confuzius:

"Ich werde darauf achten, dass die Bezeichnungen richtig sind. Denn wenn die Bezeichnungen nicht richtig sind, stimmen die Worte nicht mit der Wirklichkeit überein. Wenn die Worte nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmen, bringt man die Regierungsgeschäfte nicht zustande. Wenn man die Regierungsgeschäfte nicht zustande bringt, leiden Sittlichkeit und Harmonie. Wenn Sittlichkeit und Harmonie leiden, werden die Strafen nicht richtig verhängt.

Wenn die Strafen nicht richtig verhängt werden, weiß das Volk nicht, was es mit Händen und Füßen tun soll. Darum hält der gebildete Mensch es für das wichtigste, dass die Bezeichnungen stimmen und dass seine Worte richtig in die Tat umgesetzt werden. In den Worten und Bezeichnungen darf es  keine Unordnung geben."

Danksagung
Ich bedanke mich für die Mithilfe bei Herrn Dr. Peter Neu, Bitburg, der seinerzeit im Stadtarchiv eine Reihe von Urkunden recherchiert hat.

Des Weiteren bedanke ich mich bei dem früheren Mitarbeiter des Amtsgericht Bitburg, Herrn Justizamtsrat a.D. Otto Pelzer, der vor einigen Jahren  einige historische Abschnitte aufgeschrieben hat, die ich zum Teil übernehmen durfte.

Herzlicher Dank gebührt der Kulturstiftung der Kreissparkasse Bitburg dafür, dass sie den Durck ermöglicht hat.

Frau Gabi Lorenz, Mitarbeiterin des Amtsgerichts Bitburg, hat für mich geschrieben und

Herr Amtmann Wirtz hat Wesentliches geleistet bei der Übertragung auf Datenträger.

Das Bild "Justizlandschaft Bitburg" stammt von dem Zeichner und Karikaturisten Philipp Heinisch, Berlin, der 1995 im Amtsgericht ausgestellt hat.

Festvortrag:
Bürgermeister der Stadt Bitburg
Herr Dr. Joachim Streit
" Jus potandi " - das Zechrecht

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über was könnte der Bürgermeister der Bierstadt Bitburg aus Anlass des 200jährigen Bestehens des Gerichts in Bitburg sprechen, bei einem Amtsgerichtsdirektor, der bei den Tätern der Betäubungsmittelbranche gefürchtet ist?

Über das Recht des Trinkens, genauer gesagt das Zechrecht.

Das "Zech-Recht" (Jus potandi) erschien zum erstenmal 1616 in London. Noch in demselben Jahr kam in Leipzig eine deutsche Bearbeitung heraus: "Jus potandi oder Zech-Recht, darinnen von Vrsprung, Gebräuchen und Solemnitäten ... Zechens und Zutrinckens... sehr lustig discuriert wird".

Unter dem Pseudonym Blasius Multibibus verbarg sich der englische Dichter Richard Brathwaite (1588-1673). Geboren in Burneside bei Kendal, aus angesehener Familie, kam er 1604 auf das Oriel College nach Oxford, später nach Cambridge, um Rechtswissenschaft zu studieren. Nach einem Zwischenaufenthalt in London, der Brathwaite ganz zur Dichtung führte, kehrte er - sein Vater war 1610 gestorben - nach Westmoreland zurück und begann alsbald Gedichte, Abhandlungen und Satiren zu publizieren. Seit 1617 verheiratet, wurde er ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft: Kapitän einer Kompanie zu Fuß, Deputy-Lieutnant der Grafschaft Westmoreland, Friedensrichter und Gutsbesitzer. Im Bürgerkrieg soll er auf royalistischer Seite gestanden haben. Am 04. Mai 1673 starb er in East Appleton bei Catterick.

Das Jus Potandi gehört zwar nicht zu seinen Hauptwerken, es traf aber, wie der Erfolg zeigt, auf ein Publikum, das sich an der ironischen Mischung von Gelehrsamkeit und Trinkfröhlichkeit ergötzte.

II

Was wäre nun aber ein "wirkliches" Zech-Recht? Es hat existiert und es existiert unter anderen Bedingungen heute noch. Um diese Behauptung zu belegen, muß etwas über die "Drogen-Szene" des 16. und 17. Jahrhunderts gesagt werden. Nicht ohne Grund ist das Thema des Zechens und Zutrinkens am Ende des 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts in Europa von besonderer Aktualität .

Der Alkoholkonsum stieg nach Gesamtmenge und Prokopfverbrauch, ebenso stieg aber auch die gesellschaftliche Empfindlichkeit gegen Rauschexzesse. Diese - im einzelnen komplexen und in der historischen Deutung umstrittenen - Vorgänge führten zu einer Häufung religiöser, moralischer und juristischer Literatur, in der dem "grewlichen Laster der Trunckenheit" der Kampf angesagt wurde.

So hielt man es für angebracht, die Ermahnungen der Kirchenväter Augustinus und Basilius im neuen Gewand wieder vorzustellen, so erörterte man, ob das Zutrinken in einem wohlgeordneten Staat zu erdulden sei. Eine Flut pädagogischer Schriften ergoß sich über das Publikum, das zu Mäßigkeit angehalten und auf die körperlichen, sittlichen, sozialen und religiösen Folgen des Alkoholismus hingewiesen wurde. Sebastian Franck zählte auf, was für "jamer, vnrath, schaden der seel vnd des leibs, auch armut vnd schedlich not" durch den Trunk entstehe, ein anderer drohte, Gott werde das "grausame und unmenschliche laster des vollsauffens ... mit ewiger und zeitlicher plage, auch durch den Türken" bestrafen, andere - allen voran Luther - sprachen vom "Sauf-Teufel" und der "Teufflischen gewohnheit des uberschwencklichen zutrinckens".

Die Appelle an Gottes Gebot, an Vernunft und Menschenwürde erhielten Unterstützung durch den im Bereich des Luthertums herrschenden Neu-Aristotelismus sowie den im italienisch-niederländischen Späthumanismus dominanten Neu-Stoizismus. Beide philosophische Richtungen predigten den "mittleren Weg", Maßhalten und Nüchternheit. Wo Predigten, Flugschriften und philosophische Richtungen predigten den "mittleren Weg", Maßhalten und Nüchternheit. Wo Predigten, Flugschriften und philosophische Literatur nicht reichten, griffen die geistlichen und weltlichen Obrigkeiten mit Geboten und Strafen abschreckend und unterdrückend ein. Alles in allem entstand so eine Atmosphäre sozialer Disziplinierung, in der das rohe ungeschlachte "Vollsauffen" allmählich diskriminiert und zurückgedrängt wurde. Dieser umfassende, aber je nach sozialer Schicht sehr unterschiedlich wirksame Prozess der Disziplinierung zeigt sich zunächst in der Entstehung von Regeln, denen das Trinken zu folgen habe. Ein beliebtes Buch dieser Art war die "Trinkkunst" von Vincentius Opsopeus sowie von Leonhard Scherlin "Künstlich Trinken, Eyn Dialogus von Künstlichem und höflichem, auch vihischem und unzüchtigem trincken", Straßburg 1538. Das darin beschriebene Regelwerk diente dazu, das Trinken in Formen zu bringen und sozial erträglich zu machen.

Es war nämlich nicht nur der religiöse Impetus maßgebend, zu "christlicher Nüchternheit" anzuhalten, sondern vor allem die Sorge um Erhaltung der öffentlichen Sitten und der ökonomischen Stabilität. In der engen Gemeinschaft der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städte war das "Vollsauffen" keine Privatangelegenheit. Sittenlosigkeit und Zusammenbruch von Vermögen berührten die Interessen aller. Wer sich zugrunde richtete, war der Gemeinschaft dafür verantwortlich.

Das suchten die Obrigkeiten immer stärker mit Verboten und Strafen zu steuern. Die Freiheits- und Aufbruchstimmung zu Anfang des 16. Jahrhunderts war nach dem Religionsfrieden von 1555 verflogen. Lutherische Orthodoxie, katholische Gegenreformation und calvinistisches Kirchenregiment sorgten jeweils auf eigene Weise für strenge Zucht. Religiöse und sittliche Regeln gehörten in einer heute nur noch schwer vorstellbaren Weise zur öffentlichen Ordnung. Ihre Wahrung wurde in Deutschland mit der Entstehung des modernen Staates Schritt für Schritt von den Territorien übernommen und dort zentralisiert. Dem wirtschaftlichen und machtpolitischen Niedergang der Städte am Ende des 16. Jahrhunderts stand die Machtkonzentration des neuzeitlichen Fürstenstaates gegenüber. Ein wachsender Beamtenapparat, dessen eigenen Standesethik gerade im Entstehen war, produzierte ein immer dichter werdenden Netz von Geboten und Verboten, vor allem im Strafrecht, Gewerberecht, Wirtschaftsrecht und Finanzrecht, unter denen die Regulierung des Trinkens - das Zech-Recht - einen bedeutenden Platz einnahm. Diese Normen richteten sich gegen die "Laster, sonderlich das Fluchen, Schelten und Schweren, dann auch das ärgerliche Concubinat / Ehebruch und Vnzucht/ wie nit weniger als spielen vnd volltrincken" (Bayer. Mandat von 1596). Die Reihe der Vorschriften auf Reichsebene beginnt mit dem Reichsabschied von Worms 1495, wo es heißt, "daß die Königl. Maj. gepite ... das Trinken zu gleichen, vollen u. halben nit zu gestatten sundern das ernstlich zu strafen". Die Reichsabschiede von Lindau (1497) und Freiburg(1498) untersagen nochmals das Zutrinken, die Reichstage von Augsburg (1500), von Trier und Köln (1512) wiederholen es, übrigens schon mit dem Zusatz, es sei "bisher wenig gehalten ...worden". Auch die auf den Reichstagen von 1530, 1548 und 1577 verabschiedeten und fortgeschriebenen Reichspolizeiordnungen sind immer wieder gegen das "übermäßige Trink- und Zutrinken" vorgegangen, obschon Karl V. sich geweigert haben soll, derartige unnütze Gebote zu erlassen.

Da es eine in den Territorien effektive Reichsexekutive nicht gab, mußte die Untersagung des übermäßigen Trinkens in Landesrecht umgesetzt werden. Dies geschah praktisch überall, wenn auch verschieden intensiv, da viele kleine Herrschaften gar nicht in der Lage waren, einen wirksamen Kontrollapparat aufzubauen. So verbot etwa eine badische Landesordnung von 1495 das Zutrinken, eine hessische Polizeiordnung von 1524 ging gegen Trunksucht und Völlerei vor und ein bayerisches Mandat von 1526, das 1546 nochmals erneuert wurde, drohte mit Arrest zur Ausnüchterung sowie mit Strafschärfung für eine Tat, die in Trunkenheit begangen worden war. Im Bambergischen wurden die "Zutrinker" und die das Zutrinken duldenden Wirte mit drei rheinischen Gulden, ersatzweise mit drei Tagen bei Wasser und Brot bestraft, im Wiederholungsfall mit dem Doppelten (1516). Vergleichbare Regelungen, oft sogar wörtlich gleichlautend, finden sich in Konstanz gegen "Zutrinken und Zechen" (1531), in der preußischen Landesordnung von 1577 gegen "unmeßige Seuferei", in der württembergischen Landesordnung von 1621 gegen das "volltrinken", in der Landesordnung von Sachsen-Gotha 1666 gegen das "Voll-, Zu- und Gleichsaufen", sowie in allen anderen Territorien. Unermüdlich versucht man, das Zechen polizeirechtlich einzudämmen, die Verarmung der Familien zu verhindern, die Sonntagsheiligung durchzusetzen, Exzesse zu mildern und dadurch generell "gute Ordnung" zu schaffen. Rechtstechnisch setzte die Bekämpfung des Alkoholismus auf mehreren Gebieten und mit unterschiedlichen Mitteln an. Der zu erreichende Zweck stand im Vordergrund. Man versuchte den Ausschank bestimmter Getränke, vor allem des Branntweins, ganz zu unterbinden oder wenigstens zeitliche Grenzen einzuführen (Polizeistunden, Verbot des Sonntagsausschanks). Reste hiervon haben sich bis heute im Gaststättengesetz und in den Polizeistundeverordnungen der Bundesländer erhalten. Daneben konnten die Erlaubnisse zum Betrieb einer Gaststätte zeitlich befristet werden, z. B. in der Zulassung sog. "Straußwirtschaften" zu bestimmten Jahreszeiten, sie konnten unter Berufung auf Gefahren für die Allgemeinheit auch wieder gänzlich entzogen werden. Die Drohung, das Gewerbe einzustellen, schwebte über Wirten, die zu großzügig Kredit gaben, die Alkoholiker ausnützten oder selbst zu ihnen zählten. Auch diese Regelung hat sich bis in die Gegenwart erhalten.

Neben solchen verwaltungsrechtlichen Mitteln hoffte man, auch das Zivilrecht zur Bekämpfung des Trinkens einsetzen zu können. So konnte der Trinker entmündigt werden und seine Geschäftsfähigkeit verlieren, einen Vormund oder Pfleger erhalten. So konnte auch der Verkauf von Alkoholika wegen Gesetz- oder Sittenwidrigkeit für nichtig erklärt werden, wodurch der Wirt seinen Zahlungsanspruch verlor. Schließlich mußte man auch im Ehe- und Familienrecht dafür sorgen, daß der Ehepartner und die Kinder des Trinkers vor Schaden geschützt wurden. Als wichtigstes Instrument wurde freilich stets das Strafrecht angesehen. Von ihm erhoffte man sich direkten Zugriff und wirksame Abschreckung. Unter Strafe gestellt wurden nicht nur die Verstöße gegen obrigkeitliche Trinkverbote, sondern selbstverständlich auch alle im Trunk begangenen Straftaten, wobei die Qualifizierung als "Rauschtat" nicht entlastende, sondern verschärfende Wirkung hatte. Schon früh konkurrierten hier die kurze Freiheitsstrafe ("Ausnüchterung" bei Wasser und Brot) mit der Geldstrafe ("Saufgulden"), wobei letztere sich zu einer Art Luxussteuer entwickeln konnte.

Über die Wirksamkeit all dieser Normen lassen sich keine generellen Aussagen treffen. Man sollte nicht von vornherein annehmen, sie seien allesamt wirkungslos gewesen. Vielmehr zeigten sich durchaus "Effekte" obrigkeitlicher Repression, manchmal allerdings andre als die angestrebten. So machte man vielfach bei Einfuhrsperren und hoher Besteuerung von Alkoholika die Erfahrung, daß dadurch Schmuggelei und "Schwarzhandel" gezüchtet, aber auch der Verbrauch - jedenfalls bei ärmeren Leuten - tatsächlich gesenkt wurde. Daneben haben scharfe Strafen, insbesondere öffentlich und entehrende, Abschreckung bewirkt, oft aber auch den Konsum auf ein anderes (noch) nicht kriminalisiertes Rausch- oder Genußmittel verlagert.

Ebensowenig wie man von der Wirkungslosigkeit der Normen ausgehen darf, sollte man aber auch nicht in den Fehler verfallen, die Veränderung der Trinksitten direkt vom jeweiligen "Zechrecht" abzuleiten. Dies hieße, dem Recht zu viel Effektivität zu unterstellen und andere Faktoren zu vergessen: die Wandlungen der Moden und Sitten, die ihrerseits nur das Oberflächenbild für die Wandlungen der Tiefenstruktur ganzer Epochen darstellen sowie die ökonomischen und landwirtschaftlichen Veränderungen. Nachdrückliches Beispiel hierfür ist der Rückgang des Weinkonsums in Deutschland, nachdem der Dreißigjährige Krieg die Anbaugebiete verwüstet und entvölkert hatte.

III

Blasius Multibibus, zu dem wir zurückkehren wollen, steht in dem angedeuteten Prozeß sozialer Disziplinierung zwischen den Fronten. Einerseits gehört er auf die Seite derer, die größtes Vergnügen an der Schilderung säuferischer Heldentaten zeigen. Wenn er auch nicht die Drastik und das sprachliche Volumen von Rabelais oder Fischart erreicht, so ist doch die Neigung deutlich genug. Andererseits machte er aber durch sein Verständnis des "Zechrechts" - es umfasse, sagt er in Kap. 3, alle "Gebräuche, Solemnitäten und zu solchem Werck gehörige Ceremonien und darneben hell und klar alles das, was einer dem anderen nach Statut und Satzungen zu leisten schuldig" - gerade jene Einfügung des Trinkens in Formen und Regeln mit, die das späte 16. und das frühe 17. Jahrhundert kennzeichnete. Daß er es ironisch tut, ändert nichts an dieser Übereinstimmung mit dem Zeitgeist. Was Blasius Multibibus nun an Fragen und Antworten in sechzig Kapitelchen und zwei Zusätzen (Corrolarien zusammenträgt, bedarf kaum einer Erklärung. Er gliedert in einen historischen Teil über den Ursprung des "Saufens, Schwelgens und Demmens", fragt dann nach dem "warum", den Gründen des Trinkens, weiterhin nach dem "was" d. h. nach der dabei verwendeten Materia oder dem "Stoff", und schließlich nach dem "wie" des Zechens, eben jenen Gebräuchen und Solemnitäten. Letzteres gibt Gelegenheit, die schwierigsten Rechtsfragen aufzuwerfen und unter Zuhilfenahme des römischen Rechts zu beantworten. Die Methode ist juristisch: das Problem wird gestellt, zergliedert und durch Subsumtion der Einzelfrage unter eine einschlägige Textstelle gelöst. So kann etwa die Frage, ob Frauen beim Zechen zugelassen seien, nicht einfach bejaht oder verneint werden. Man muß unterscheiden, ob es sich um junge oder alte Frauen handelt., ob sie viel oder wenig trinken. Ähnlich kompliziert ist das "Brüderschaftstrinken", bei dem die verschiedenen Geschlechter, die Altersstufen und vor allem die Stände miteinander in Harmonie zu bringen sind. Behaglich werden verschiedene Möglichkeiten, sich beim Trinken zu versöhnen, diverse Arten zu trinken, Anlässe und Redensarten erörtert. Schließlich die Folgen des Trinkens und das besonders liebevoll ausgemalte Thema "ob auch Jungfrauen solchen Conversationibus ohne Gefahr und sicherlich könten beywohen?" Die beiden abschließenden Thesen sind dem Schlaf und dem Kater am folgenden Tag gewidmet.

Geschrieben für Gebildete, speziell für Juristen, bezog es seinen satirischen Gehalt aus der Kombination scheinbar ernsthafter Quaestionen und Exegesen römischrechtlicher Textstellen mit dem handfesten Material von "Wein, Weib und Gesang".

Von einem wirklichen "Zech-Recht" kann keine Rede sein. Das Ganze ist eher der Spaß eines jungen Dichters, der zum Vergnügen seiner Zechkumpane eine gelehrte Perücke aufsetzt und seine juristischen Kenntnisse in der Schenke demonstriert.

An dieser Stelle schließt sich der Kreis zu unserem feierlichen Anlass: Ich wünsche im Namen der Stadt Bitburg dem Amtsgericht und den Menschen die hier zum Wohl der Allgemeinheit arbeiten, eine weiterhin präventive Wirkung.

Nach soviel trockener Wissenschaft gilt nun der alte Grundsatz: Nunc est bibendum!